Samstag, 31. Juli 2010

Jo Nesbo: Kakerlaken



410 S., Ullstein, 8,95 €, ISBN 978-3-548-28049-3

Endlich sind wieder zwei Harry-Hole-Bände bei mir gelandet. Allerdings kam der zeitlich früher spielende Roman später an. Dennoch habe ich diesen zuerst gelesen und jetzt folgt gleich auf dem Fusse "Rotkehlchen".

Aber erstmal zum vorliegenden Band: In Thailand ist der norwegische Botschafter ermordet aufgefunden worden und ein Norweger soll vor Ort herausfinden, was passiert ist. Dies alles natürlich möglichst diskret und so, daß Skandale vermieden werden.

Bjarne Moeller, Holes Chef, wird darum gebeten, seinen besten Mann zu schicken und Holes Name wird gleich genannt. Moeller hat zwar Bedenken wegen Holes Alkoholproblem, dennoch stimmt er zu.

Hole reist also nach Bangkok. Der Botschafter Molnes wurde erstochen in einem Motel gefunden, in dem er sich angeblich mit einer Prostituierten treffen wollte. So nach und nach kommt aber heraus, daß Molnes sexuell aber ganz anders veranlagt war und auf Männer stand. Die Ehe mit seiner Frau war schon lange nur noch Fassade.

Im Laufe der Geschichte werden diverse Spuren verfolgt. Hole und seine thailändischen Kollegen begegnen bei ihren Ermittlungen Pädophilen, Brokern und gewalttätigen Chinesen. Viele Tatmotive tun sich auf und am Ende ist es doch ganz anders und irgendwie einfacher als gedacht.

Hole selbst durchlebt wieder eine nicht ganz einfache Zeit, sein Vorhaben, wieder einmal die Finger vom Alkohol zu lassen, scheitern, er flirtet mit einigen Frauen und auch sonst ist dies ein ganz typischer Hole-Band.

Bin nun gespannt auf den nächsten Teil. Und finde es schade, daß ich den ersten immer noch nicht gelesen habe, denn mir fehlen immer wieder Bezüge.

Dienstag, 20. Juli 2010

Alice Sebold: In meinem Himmel



380 S., Goldmann, 8,95 €, ISBN 3-442-45836-6

Die Verfilmung dieses Buches ist erst vor ein paar Wochen in die deutschen Kinos gekommen. Ich wollte mir den Film nicht angucken, bevor ich das Buch gelesen habe und die Kritiken waren ja auch eher verhalten.

Inzwischen ist mir das Buch zugeschickt worden und ich habe mich ihm in meinem Urlaub gewidmet. Der Stil der Autorin war hierfür genau das Richtige. So dramatisch die Geschichte auf den ersten Blick scheinen mag, so ruhig wird diese erzählt.

Susie Salmon wird im Alter von 14 Jahren durch einen Nachbarn vergewaltigt und ermordet. Der Roman folgt jedoch nicht der Suche nach dem Mörder, dies ist zweitrangig. Vielmehr geht es um die Bewältigung dieses Ereignisses durch Freunde und Verwandte. Und bewacht wird dieser Prozess durch Susie selbst, die in ihrem Himmel all ihre Lieben begleitet und teils mit Sorgen, teils mit Freude deren Entwicklung verfolgt.

Sie beobachtet auch, wie sich ihr Mörder verhält, wie Verdachtsmomente durch ihren Vater wahrgenommen, von der Polizei aber nicht verfolgt werden. Sie sieht ihren Bruder Buckley, der noch viel zu klein ist, um zu verstehen, was passiert ist und ihr Schwester Lindsey, für die der Verlust besonders schwer ist, die aber dennoch sehr souverän damit umgeht.

Susie weilt viele Jahre noch unter ihren Lieben. Einige sehen sie oder nehmen ihre Anwesenheit irgendwie wahr. Und sie bleibt solange, bis ihre Familie und ihre Freunde ihren Seelenfrieden finden und mit ihrem Tod abschließen können.

Ein wirklich lesenswertes Buch über die Bewältigung eines schweren Schicksalsschlages. Jetzt kann ich mir den Film irgendwann angucken und weiß schon, daß er an das Buch mit Sicherheit nicht ranreichen wird.

Donnerstag, 8. Juli 2010

José Saramago: Eine Zeit ohne Tod



252 S., Büchergilde Gutenberg, 16,90 €, ISBN 978-3-7632-5876-5

In "Eine Zeit ohne Tod" beschäftigt sich der 1998 mit dem Nobelpreis für Literatur ausgezeichnete Schriftsteller José Saramago mit einer Vision. Weniger wird uns eine flüssige Geschichte erzählt mit Akteuren, die uns ans Herz wachsen. Lediglich im zweiten Teil des Buches gibt es so etwas wie einen Handlungsstrang mit Hauptpersonen. Da begegnen wir tod und einem Cellisten, die sich zueinander hingezogen fühlen. Denn tod ist eine Frau.

Vielmehr ist dieses Werk die ausgefeilte Darstellung der Idee, wie es wäre, wenn eines Tages kein Mensch mehr sterben würde und die darauffolgenden Tage und Wochen auch nicht. Welche Maßnahmen wären vonnöten, wer würde wie darunter leiden? Was würden die Menschen tun, wenn sie das Dahinsiechen todkranker Angehöriger mit ansehen müssen? Wie reagiert die Regierung auf diesen Zustand?

Die Zeit ohne Tod ist in dem Roman jedoch begrenzt. Nach einem halben Jahr kündigt tod selbst an, wieder auf der Bildfläche zu erscheinen - von einem Tag auf den anderen und was passiert dann? Sterben alle gleichzeitig, die das letzte halbe Jahr über ihren Zenit hinweg gelebt haben? Sollte der Tod nicht angekündigt werden?

Einer spannenden Frage hat sich Saramago hier gewidmet. In überspitzter Form wird die Überalterung der Menschheit beleuchtet. Da der Autor das Fernbleiben des Todes auf nur ein Land beschränkt und auch die Tiere und Pflanzen außen vor läßt, werden auch andere Fragen aufgeworfen. Was bedeuten Grenzen für ein Land ohne Tod? Müssen diese bewacht oder verteidigt werden? Kann das die Armee übernehmen und wie schützt der Staat seine Bürger vor kriminellen Banden, die sich schnell mit dem Ausnahmezustand arrangieren und ihren Vorteil daraus ziehen (im Buch genannt die "Maphia")?

Ein durchaus spannendes Buch mit vielen Ansätzen zum weiteren Nachdenken. Nur leider liest es sich nicht ganz so flüssig, da es fast ohne Punkt und die Anführungszeichen der wörtlichen Rede daherkommt. Auch der nur sehr gering vorhandene Rahmen von Figuren, an deren Lebensweg man solch eine Geschichte aufhängen könnte, macht den Roman zu keiner leichten Lektüre.

Dennoch eine ausdrückliche Empfehlung zum Lesen von mir.