Sonntag, 31. Juli 2011

Joshua Ferris: Ins Freie (Hörbuch)




Gesamtspielzeit: 7 Stunden 10 Minuten (gekürzt), gelesen von Matthias Brandt, Random House Audio, 2011

Matthias Brandt ist ein toller Schauspieler und mit seiner Stimme ein toller Vorleser. Mit diesem Buch hat er sich schwere Kost ausgesucht, ein deprimierendes Werk, ohne Aussicht auf ein Happy End. Brandt liest dennoch voller Empathie.

Tim und Jane sind seit Jahren glücklich verheiratet. Tim ist als erfolgreicher Anwalt tätig und Jane arbeitet nach langer Pause wieder als Immobilienmaklerin.

Das Glück wird jedoch von einer seltsamen Krankheit überschattet. Tim zieht es immer wieder ins Freie, unkontrolliert und unabhängig von jeglicher Wetterlage. Jane steht permanent in Alarmbereitschaft, um Tim wieder irgendwo aufzulesen und ihn somit vor dem fast sicheren Tod zu bewahren.

Tim war schon bei zahlreichen Ärzten und Psychologen, keiner konnte ihm bisher helfen. Vorsichtsmassnahmen sind inzwischen getroffen: Tim geht nicht mehr ohne Überlebensrucksack aus dem Haus und Jane ahnt inzwischen sehr gut, wo sie ihn finden kann. Die gemeinsame, fast erwachsene Tochter Becca leidet seit Jahren unter dieser Situation. Ihr Vater ist nie anwesend - entweder arbeitet er oder er ist wieder einmal unterwegs.

Ein neuer Psychologe soll nun helfen: die Gehirmströme sollen mittels eines Helms aufgezeichnet werden, um den Ursachen ein Stück näher zu kommen.

Derweilen fällt die Familie unter dieser Belastung auseinander: Jane verfällt dem Alkohol und Becca zieht aus, weil sie die Verhältnisse nicht länger erträgt.

Die Geschichte wird über mehrere Jahre erzählt. Immer wieder hofft man mit der Familie, dass sich das Rätsel löst und Tim doch noch geheilt werden kann oder zumindest irgendwie damit kontrolliert umgeht.

Für mich ein wirklicher Tipp - als Hörbuch oder auch zum lesen. Das Buch beschäftigt und hinterfragt und läßt den Leser dennoch mit dem Rätsel zurück, warum. Das mag man als Mangel empfinden oder als Interpretationsspielraum, der den Leser zum Nachdenken anregt.


Hörprobe

Als Download bei audible:



Oder bei Amazon als Hörbuch:

Samstag, 30. Juli 2011

Leonie Swann: Garou (Hörbuch)




5 CDs, Gesamtlaufzeit Random House Audio 2010, gelesen von Andrea Sawatzki, ISBN: 978-3-83710-223-9

Den ersten Schafskrimi von Leonie Swann - "Glennkill" - habe ich als Buch gelesen und fand es ganz o.k., aber so richtig vom Hocker hat es mich
nicht gehauen.

Diesmal habe ich über bookcrossing die Hörbuch-Version, gelesen von Andrea Sawatzki, die ich als Vorleserin sehr schätze, bekommen.

Das war genau das Richtige, um die lange Fahrt von Berlin in die Bretagne erträglicher zu machen. Selbst für meinen Junior zwei (11 Jahre) war die Geschichte ein Riesenspass.

Wir fieberten mit Sir Ritchfields Herde mit: mit dem Winterschaf, welches noch keinen Namen hat, sich diesen aber sehnlichst wünscht, mit Heidi, die diesmal sehr unternehmungslustig ist und mit Miss Mapple, die wieder den richtigen "Riecher" hat, um die seltsamen Ereignisse, die die Herde beschäftigt, zu erklären.

Die neue Schäferin Rebecca hat die Herde nach Europa gebracht, wie es der alte Schäfer seiner Herde versprochen hatte. Sie landen in Frankreich in der Nähe eines Schlosses und schon bald passieren seltsame Dinge. Ein Reh wird tot aufgefunden und ein neues Mitglied der Herde - der "Ungeschorene" - macht seltsame Andeutungen. Es soll sich um einen Mensch im Wolfspelz handeln, der schon für das Verschwinden einiger Menschen und den Tod vieler Schafe verantwortlich sein soll.

Am Besten scheinen die Ziegen darüber Bescheid zu wissen, die auf der Nachbarweide angesiedelt sind. Altklug und besserwisserisch machen sie der Schafsherde ordentlich Angst. Angeblich ist Maduck, eine schwarze Ziege, dem "Garou" schon mal begegnet.

Andrea Sawatzki liest diese Geschichte mit soviel Liebe für ihre Figuren, dass man die Schafe einfach mögen muss, so skurril einem auch deren Gedankengänge vorkommen mögen. Wir waren jedenfalls fast schon enttäuscht, als das Buch zu Ende war, obwohl wir unser Ziel inzwischen erreicht hatten.

Hörprobe

Als Download auch bei audible

Mittwoch, 27. Juli 2011

Carlos Ruiz Zafón: Der Schatten des Windes

562 S., Suhrkamp, 9,90 €, ISBN 978-3-518-45800-6

Dieses Buch wartet nun schon ein paar Wochen auf meine bewertenden Worte. Und da ich in den letzten Tagen so fleißig dabei bin, will ich Euch nicht länger warten lassen.

Über den Inhalt ist, denke ich, genügend geschrieben worden, deshalb will ich mich dazu nur kurz fassen: Daniel wird in früher Jugend von seinem Vater eines Tages mit in den "Friedhof der vergessenen Bilder" genommen und darf sich dort ein Buch aussuchen. Er muss dafür aber versprechen, dieses Buch nie wieder herzugeben und es gut zu bewahren.

Daniel ist fasziniert von der Geschichte des Buches und versucht, mehr über den Autor zu erfahren. Aber allzuweit  kommt er mit seinen Nachforschungen nicht. Die Werke des Autors sind alle verschwunden, keiner weiss viel über diesen Mann.

Da aber immer mehr seltsame Dinge im Leben von Daniel passieren, die starke Parallelen mit der Handlung des Buches haben, wir Daniel immer neugieriger. Auf seiner Suche begegnet er vielen ungewöhnlichen Gestalten, bis sich am Ende doch alles aufklärt.

Das faszinierende an Zafóns Buch ist für mich - ebenso wie in "Das Spiel des Engels" - die für unsere heutige Zeit ungewöhnliche Sprache. Zafón erzählt auf eine ganz eigene, fast altmodische Art seine Geschichte und schafft es virtuos, den Leser ganz schnell und ganz tief in den Sog der Spannung zu ziehen. Ich sehe in Zafóns Worten eine große Ehrfurcht vor der Sprache, vor der großen Literatur dieser Welt. Geheimnisvoll sind seine Figuren, etwas unheimlich seine Schauplätze und einfach nur großartig das Entwirren der Fäden zum Finale.

Leider hatte ich bereits "Das Spiel des Engels" vorher gelesen und wußte um die Kraft dieser Sprache. Auch dieses Buch hatte mir sehr gefallen, obwohl das Mysthische in diesem weitaus stärker zum Tragen kommt. Der "Schatten des Windes" gefällt mir gerade wegen seiner am Ende doch realistischen Auflösung dann doch noch um einen Deut besser. Aufällig ist in jedem Fall, dass sich beide Bücher in der Rahmenhandlung sehr gleichen, deshalb werde ich mir mit der Lektüre des dritten Buches von Zafón, welches in meinem Bücherschrank steht - "Der dunkle Wächter" - noch ein wenig Zeit lassen.

Dienstag, 26. Juli 2011

Honore de Balzac: Die Chouans, Rebellen des Königs

454 S., Kiepenheuer, 1984

Es wurde mal wieder Zeit für einen Klassiker und ausserdem stand mein Urlaub bevor. Da bot es sich an, ein Buch zu wählen, welches in meinem Zielland spielt. Lange musste ich nicht suchen: Balzacs Werk über die königstreuen betronischen Rebellen sollte es sein.

Das Buch spielt im Jahr 1799, ein paar Jahre nach der Französischen Revolution. Die Anhänger der Monarchie sind in der rückständigen Bretagne noch zahlreich vertreten. Entschlossen kämpfen die sogenannten Chouans gegen die Blauen, die Anhãnger der Revolution.

Vor diesem historischen Hintergrund wird die Liebesgeschichte zwischen dem Marquis de Montauran und Marie de Verneuil erzãhlt. Marie, Republikanerin, soll den Marquis, der ein Anführer der aufständigen Königstreuen ist, im Auftrag der Regierung verführen und in eine Falle locken.

Doch bevor Marie den Marquis als solchen identifiziert, verliebt sie sich bei ihrer ersten Begegnung in ihn. Auch der Marquis verfällt Maries Anmut. Doch bald müssen beide erkennen, wen Sie da begehren und es beginnt ein Katz-und-Maus-Spiel, bei dem beide zwischen den starken Gefühlen Liebe, Hass, Rache und Misstrauen hin und her gerissen sind.

Ihre Verbindung wird beeinflusst von Intrigen beider sich feindlich gegenüber stehender Parteien. Auf der einen Seite der Spion Corentin, der Maries Abweisung ihm gegenüber nur schwer ertrãgt, auf der anderen Seite Madame de Gua, die sich offiziell als Mutter des Marquis ausgibt, ihn aber insgeheim liebt.

Anfangs bin ich nur sehr schwer in dieses Buch hinein gekommen. Zuviele Erklärungen zu den geschichtlichen Hintergründen gab es am Ende dieser Ausgabe. Nachdem ich dann einfach in anderen Quellen mich noch ein wenig belesen habe, fiel es mir leichter und auch die Handlung wurde unterhaltsamer.

Am Ende war ich dann einfach nur noch gespannt, welchen Ausgang das Drama nimmt.
Balzac ist ein Meister der Worte und berühmt für seine ausführlichen Beschreibungen, die mir allerdings dann doch oft zu langatmig sind. Aber er versteht es zu fesseln und geschickt einen Spannungsbogen aufzubauen.

Wieder mal hat mir dies Werk bewiesen: Klassiker lohnen sich immer wieder.


Montag, 25. Juli 2011

Ursula Poznanski: Erebos

485 S., Büchergilde Gutenberg, 12,95 €, ISBN 978-3-7632-6389-9

Ich bin kein Fan von ausdrücklichen Jugendbüchern, dennoch habe ich mich in meinem Urlaub an dieses Buch gemacht, da es so sehr viele gute Kritiken bekommen hat und eine leicht lesbare Lektüre versprach.

Ich bin auch nicht wirklich entäuscht worden, auch wenn mein Vorurteil über erhobene Zeigefinger in der Jugendliteratur durchaus bestätigt wurde.

Allein das gewählte Thema - ein außergewöhnliches Computerspiel - lässt entsprechendes erahnen. Erebos - so der Name des Spiels - wandert geheimnisvoll durch die Schule, von Hand zu Hand. Keiner der Empfänger darf mit anderen darüber reden, weder mit Eingeweihten, und erst Recht nicht mit Schülern, die das Spiel noch nicht besitzen.
So ist Nick, die Hauptperson des Romans, erst sehr verwundert über das Verhalten eines seiner besten Freunde Colin. Dieser kommt nicht mehr zum Training, fehlt auch öfter in der Schule und ist abweisend zu Nick.

Erst als Nick selbst das Spiel angeboten bekommt, versteht er die Geheimniskrãmerei seiner Mitschüler. Auch Nick wird schnell in den Sog des Spiels gezogen, welches seine Wünsche kennt und weiss, wann Nick lügt und wann nicht.

Sein von ihn erschaffener Avatar kommt im Spiel schnell voran und schon bald kann er ins nächste Level aufsteigen - wenn er in der Realität, ausserhalb des Spiels eine Aufgabe erledigt. Nick erschliesst sich diese Aufgabe nicht. Er weiss nicht, wozu seine Handlungen gut sein sollen.

Während des Spiels macht sich Nick immer wieder Gedanken, welche Figur welche Person in der Realität ist, findet es aber nicht wirklich heraus. Irgendwann beauftragt ihn Erebos seinen Lehrer zu töten, um wieder ein Level weiter zu kommen.

Um nicht zu viel zu verraten, soll auf Nicks Entscheidung hier nicht eingegangen werden. Aber nicht nur ihm werden solche Aufgaben erteilt und auch Nichtspielern bleibt die Veränderung unter den Schülern nicht verborgen. Einige versuchen, etwas gegen das Spiel zu unternehmen und werden prompt bedroht.

Das die Geschichte ein gutes Ende nimmt kann man sich bereits denken. Und den Zeigefinger brauche ich nach der Inhaltsangabe wohl auch nicht weiter zu erwähnen. Wirklich interessant und gelungen finde ich aber die Auflösung der Geschichte - den Hintergrund des Spiels. Das das Spiel dann doch nicht so mysteriös ist, wie anfangs vermutet und alles eine logische Erklärung hat, wird spannend erzählt.

Fazit: leichte Lesekost, für Jugendliche zwar gut aufbereitet, aber gerade die moralische Note kriegen die Kids doch schnell mit und stösst ihnen auf. Mit etwas Abstand gelesen aber gute Unterhaltung.


 

Donnerstag, 7. Juli 2011

Urlaubspause

Wie bereits angekündigt, wird es eine kleine Urlaubspause geben.

Ausstehende Rezensionen werden selbstverständlich nachgeliefert. Das sind im Moment das Hörbuch "Ins Freie" von Joshua Ferris und "Der Schatten des Windes" von Carlos Ruiz Zafon.

Meine Urlaubslektüre wird "Erebos" von Ursula Poznanski und von Balzac - passend zum Urlaubsort "Die Chouans" sein.

Also bis hoffentlich Ende Juli!