Freitag, 30. September 2011

Sebastian Fitzek: Der Augenjäger (Hörbuch)

 
9 Stunden 57 Minuten Spieldauer, gelesen von Simon Jäger, 2011 
 
Bereits vor Wochen habe ich seltsame Post von einer Augenarztpraxis erhalten ohne Anschreiben, dafür mit einer Folie bestückt, die als Augentest mit großen und kleinen Buchstaben und Zahlen getarnt, sich als gelungener Werbegag zu Fitzeks neuesten Thriller entpuppte.

So schürt man Spannung und so war ich nur zu gern bereit, das Hörbuch vor Erscheinungstermin zu testen. Leider hab ich es nicht ganz geschafft, die Rezension pünktlich online zu stellen.

"Der Augenjäger" ist eine direkte Fortsetzung des Vorgängers "Der Augensammler", welchen man aus meiner Sicht in jedem Fall vorher gelesen haben sollte, denn sonst wird es dem Leser schwer fallen, der Story zu folgen.

Psychopath beim "Augenjäger" ist diesmal Dr. Suker, ein genialer Augenchirurg, der aber noch eine zweite Seite hat und Frauen die Augenlieder entfernt, ehe er sie brutal vergewaltigt. Er selbst nennt es "die Augen öffnen" - was es damit auf sich hat, sollte der künftige Leser schon selbst heraus finden.

Dr. Suker sitzt bereits in Untersuchungshaft, die Beweise gegen ihn reichen jedoch nicht aus. Und die einzige lebende Zeugin schweigt. Alle anderen Opfer haben sich direkt nach der Tat Selbstmord begangen. Die Polizei holt die blinde Alina Gregoriev, die bereits im Falle des Augensammlers als Medium fungierte, zur Hilfe. Sie soll Hinweise über den Täter liefern. Alina stimmt zu, gerät aber bald selbst in die Fänge des Psychopaten.

Derweil wird auf einer zweiten Ebene die Geschichte von Alexander Zorbach weiter erzählt, der immer noch auf Hinweise zum Verbleib seines Sohnes von Seiten des "Augensammlers"-  Frank Lahmann - wartet. Dieser spielt seine Spielchen mit Alexander und verlangt (fast) unmenschliches von diesem, um seinen Sohn zu retten.

Dass diese beiden Fälle miteinander verwoben sind und dass es eine überraschende Auflösung am Ende gibt, kann man ahnen, wenn man schon einige Fitzeks gelesen hat. Ungewöhnlich ist vor allem, dass der Vorgängerband in einem neuen Licht erscheint und eigentlich gleich nochmal gelesen werden muss.

Geübte Thriller-Kenner werden schon im Laufe des Buches Ansätze der Auflösung erkennen, dennoch schmälert dies nicht die Spannung, die Fitzek wieder einmal in Höchstform erzeugen kann.

Also ran ans Lesen oder besser noch ans Hören, denn Simon Jäger ist DIE Stimme von Sebastian Fitzek, ohne die ein solches Hörbuch gar nicht mehr vorstellbar wäre.

Und hier noch ein kleines Schmankerl - ein wirklich nettes "Interview" mit dieser genialen Stimme:


 

Mittwoch, 28. September 2011

Nancy Horan: Kein Blick zurück

530 S., Inselverlag, 9,95 €, ISBN 978-3-458-35746-9 

Als ich das Buch anfing zu lesen, war mir gar nicht klar, dass es sich hierbei um reale Personen handelt und der Roman eine Art Biografie darstellt - oder zumindest einen kleinen Zeitrahmen zwischen 1907 und 1914 abbildet, den Mamah Borthwick Cheney und Frank Lloyd Wright miteinander verbracht haben. Eine ungewöhnliche Liebesgeschichte, in jedem Fall.

Denn beide sind verheiratet und haben Kinder, als Frank bei Mamah und deren Mann Edwin ein Haus als Architekt plant. In dieser Zeit lernen sich die beiden kennen und lieben - und stehen vor einem scheinbar unlösbaren Problem. Im Amerika Anfang des 20. Jahrhunderts war das Thema Scheidung alles andere als populär.

Nach einem Jahr der Trennung, in dem Frank seiner Frau zuliebe der Ehe noch eine Chance gibt, finden die beiden dann doch zusammen und gehen ohne ihre Kinder nach Europa, um dort Architekturprojekte von Frank zu verwirklichen. Welchen Anfeindungen sie von der Öffentlichkeit, vor allem in Form der Presse ausgesetzt sind, ist nicht verwunderlich.

Auch das schlechte Gewissen treibt vor allem Mamah um, die immer wieder hadert, da sie auch über diese große Entfernung erahnen kann, wie sehr ihre Kinder leiden. Mit der Zeit geht es dem Paar wie jedem anderen auch: sie entdecken Seiten aneinander, die sie in der ersten Verliebtheit nicht sahen und nochmal wird die Beziehung auf die Probe gestellt.


Irgendwann kehren sie nach Amerika zurück und bauen ein Haus in der Nähe von Franks Heimatort. Taliesin - wie dieser Ort genannt wird - schart zahlreiche Arbeiter und Bedienstete um sich. Es ist eine große Gemeinschaft, bis eines Tages ein großes Unglück passiert, bei dem am Ende alles in Trümmern liegt.

Das Thema des Romans hat mich anfangs sehr gereizt, deshalb habe ich mich bei Blogg dein Buch für dieses Buch beworben. Doch der Schreibstil hat mich bald sehr genervt. Auch dass in dem Buch bis zum Schluss nicht klar erkennbar ist, dass es sich um historische Personen handelt, empfinde ich als großen Mangel. Eine Art Zeitstrahl oder kurzem Lebenslauf der Figuren wäre sicherlich sehr hilfreich gewesen.

Man merkt dem Roman extrem an, dass ihn eine Journalistin geschrieben hat. Das Ganze wirkt völlig kalt, die Protagonisten schließt man nicht ins Herz. Alles wird nur beschrieben ohne Empathie. Auch das Springen zwischen Zeitformen fand ich unheimlich anstrengend. So erzählt Horan öfter Dinge ohne Zusammenhang und verbindet dies mit einer Anekdote aus der Vergangenheit. Dies stört den Lesefluss ungemein.

Leider kann ich keine Empfehlung ausgeben. Hätte ich mich nicht zur Rezension verpflichtet, hätte ich das Buch mit Sicherheit beiseite gelegt - und das muss bei mir schon was heißen.

Wer dennoch Lust hat, dies Buch sich näher anzuschauen, kann es hier direkt beim Verlag bestellen.





Samstag, 24. September 2011

Sven Regener: Meine Jahre mit Hamburg-Heiner

                         
Als Download bei audible


Hörprobe 



5 Stunden 21 Minuten Spieldauer, Roof Music, gelesen von ihm selbst, 2011, ISBN 978-3-9411-6859-6

Bisher habe ich alle Bücher von Sven Regener gern gelesen und kräftig über seinen Humor lachen können - allerdings immer in Buchform. Ich habe auch Teile von "Herrn Lehmann" von ihm selbst gelesen gehört und fand das super lustig.

Deshalb zögerte ich nicht lang und entschied mich, sein neuestes Buch als Audiobook zu genießen. Auch hatte ich bereits gute Kritiken vernommen. Nur leider erreichte mich das Buch nicht. Immer wieder bin ich abgeschweift mit meinen Gedanken beim Zuhören. Es fesselte mich nicht, wie Regener seine Blogeinträge vorliest und somit einige seiner Jahre als Bandmitglied von Element of Crime ebenso näher zu bringen versucht wie seinen Erfolg als Autor.

Vielleicht liegt es einfach nur an seiner auf Dauer dann doch eintönigen Lesart oder vielleicht an den Nichtigkeiten des Erzählten. Vielleicht habe ich auch nur die falschen Gelegenheiten genutzt, das Buch zu hören (Hausarbeit). Deshalb werde ich in jedem Fall nochmal einen Versuch unternehmen und es beim Joggen versuchen - mit ein wenig Abstand.

Im Moment denke ich aber, hier ist das Alltägliche dann doch zu alltäglich, um es auf Papier zu bannen.


Dienstag, 20. September 2011

Eselsohren dürfen auch mal sein...

... aber nur die von lovelybooks. Und dazu kamen gleich noch ein paar tolle Postkarten sowie ein audible-Downloadgutschein für das Hörbuch "Der Patient" von John Katzenbach, über welches ich gerade erst gestern eine tolle Rezension gelesen habe.
 



Vielen Dank, liebe Karla!

Montag, 19. September 2011

Arno Strobel: Der Trakt



6 CDs, Gesamtlaufzeit 423 Minuten, Argon Verlag 2010, gelesen von Tanja Geke, ISBN 978-3-8398-1018-7 

Arno Strobel wurde mir als Autor von Lovelybooks nahe gebracht durch einer der wunderbaren Livestream-Lesungen, die ich nur jedem Literaturbegeisterten empfehlen kann.

Autor Strobel ist ein hervorragender Krimierzähler und dazu noch ein humorvoller, angenehmer Mann, der auf dem Boden geblieben ist, trotz seiner Erfolge.
Dieser Krimi ist wieder allerfeinste Hochspannung, allerdings ist die Story doch nicht wirklich vorstellbar. Aber Strobel versteht es, auch eine unwahrscheinliche Geschichte plausibel zu erzählen.

Sibylle Aurich wacht nach zwei Monaten in einem abgeschlossenen Krankenzimmer auf und weiß genau, wer sie ist und dass ihr Sohn entführt wurde. Umso merkwürdiger erscheint ihr der Arzt, der sie nach dem Erwachen aufsucht und sie flieht aus dem Krankenhaus.

Zuhause angekommen erkennt ihr Mann sie jedoch nicht und von ihrem gemeinsamen Sohn will er auch nichts wissen. Ein Alptraum für Sibylle. Auch alle anderen vertrauten Personen sehen in ihr nicht die Frau, für die sie sich hält. Im Gegenteil: Sibylle Aurich scheint eine andere gewesen zu sein, alle Fotos bezeugen das. Doch wer ist Sibylle dann und wie kann es sein, dass sie sich an so viele Einzelheiten erinnern kann, die aber nicht zum Leben der "echten" Sibylle zu passen scheinen.

Und niemandem kann sie mehr trauen. Wer ist Freund, wer Feind? Nur Rosi scheint ihr beizustehen, die sie halbnackt nach der Flucht aus dem Krankenhaus auf der Strasse aufgelesen hat. Oder doch nicht?

Eine rasante Suche nach der Wahrheit beginnt und Sibylle ist auf ihre Intuition angewiesen. Und am Ende gibt es eine erahnte Auflösung und ein Happy End.

Tanja Geke liest voll Spannung und Empathie und die unterschiedlichen Rollen so prägnant, dass der Hörer sich fast in einem Hörspiel glaubt.

Auch wenn die Auflösung kaum real vorstellbar ist, so kann ich das Hörbuch für ein paar Stunden der Hochspannung unbedingt empfehlen.

Hörprobe

Als Download auch bei audible




Dienstag, 13. September 2011

Emma Donoghue: Raum



409 S., Piper, 19,99 €, ISBN 978-3-492-05466-9

Dieses Buch hat schon hohe Wellen geschlagen: alle reden von dieser Geschichte und vor allem über den ungewöhnlichen Ich-Erzähler Jack.

Jack lebt mit seiner Mutter in Raum - allein. In Raum ist alles echt: Bett, Teppich, Pflanze und Fernseher. Alles in Fernseher ist nicht echt - bis zu Jacks 5. Geburtstag. Da erzählt Ma Jack, dass die Dinge in Fernseher echt sind. Das kann Jack gar nicht glauben.

Neugierig geworden will Jack nun gern mal all das Echte sehen, was nicht in Raum ist. Aber Old Nick läßt Ma und ihn nicht. Old Nick kommt manchmal nachts, dann muss Jack in Schrank bleiben und er zählt Quietscher von Bett.

Old Nick bringt auch Essen und manchmal ein Sonntagsgutti, aber nach einem Streit mit Ma ist Strom abgeschnitten.

Verzweifelt plant Ma nun die Flucht von Jack aus Raum. Das ist spannend beschrieben und ich habe mitgefiebert mit Jack. Auch all seine Bedenken und das Festhalten an seiner kleinen Welt als all das Neue auf ihn einprasselt, konnte ich gut nachvollziehen.

Wie soll ein kleiner Junge, der in einem engen kleinen Raum geboren und diesen bis zu seinem fünften Geburtstag nie verlassen hat, die Welt "draussen" verstehen und einordnen? Eigentlich unvorstellbar.

Das Besondere dieses Buches ist für mich die Erzählweise aus Sicht des Jungen, der intelligent und charmant, mutig und ängstlich zugleich (als Sandwichwort "Mungst") ist. Beeindruckt hat mich auch die Fürsorge der Mutter - wie sie den Tag für die beiden strukturiert, wie sie an die körperliche Gesundheit denkt und Sport mit dem Kind treibt trotz beengter Verhältnisse. Das gibt Jack einen Rahmen, der in der "Welt" plötzlich nur noch bedingt gilt.

Wie die Welt auf die Flucht von Jack und die Befreiung seiner Ma regiert ist rührend, aber nicht sentimental. Denn nicht nur positive Erlebnisse gibt es im "Nachher", selbst Grandpa hat seine Mühe mit der Existenz seines Enkels.

Ein lesenswertes Buch, vor allem, weil man weiß, dass es einen solchen Fall wirklich gab. Nur das Ende hat mich nicht wirklich überzeugt, dabei kann ich nicht mal genau sagen, warum. Vielleicht zu vorsehbar, vielleicht hätte ich mir noch eine Blende in die Zukunft gewünscht. Aber in jedem Fall mutig, dieses Thema in einen Roman zu packen und gelungen die Sichtweise von Jack.

Leseprobe

Donnerstag, 8. September 2011

Neuzugänge


Zwei meiner Neuzugänge sind Rezensionsexemplare (rechts), die anderen beiden stammen von der Büchergilde Gutenberg (links).

Ein weiteres Rezensionsexemplar erwarte ich noch. Dazu später mehr.
Posted by Picasa

Sonntag, 4. September 2011

Elsa Osario: Mein Name ist Luz

424 S., Suhrkamp, 9,90 €, ISBN 978-3-518-45918-8

Ein beeindruckendes Buch, ein erschütterndes Thema. Argentinien 1998: Luz trifft sich das erstemal mit ihrem leiblichen Vater.

Lange Zeit wusste Luz noch nicht einmal, dass sie die Tochter anderer Eltern war. Aber schon immer hatte sie dieses seltsame Gefühl - das ihre Mutter nicht die ihre ist, dass sie in Gefangenschaft geboren wurde. Warum hatte sie Albträume als Baby - das ist doch nicht normal.

Und nachdem Luz von ihrem Freund erfährt, dass es in der argentinischen Militärdiktatur zu Diebstahl von Kindern kam, deren Eltern danach als "vermisst" galten, von denen aber fast alle wußten, dass sie umgebracht wurden, da sie Staatsfeinde waren, will sie wissen, woher sie kommt.

Nach langer Suche erfährt Luz die Wahrheit über ihre Wurzeln und schafft es gar, ihren Vater zu finden und ihm ihre Sicht zu erzählen. Der Vater hingegen glaubte die Tochter tot.

Vielschichtig ist dieser Roman, der sich mit einem bedrückenden Teil der argentinischen Geschichte auseinandersetzt. Erzählt wird die Geschichte sehr packend von den Seiten aller Beteiligten, manchmal sogar innerhalb eines Absatzes wechselt die Erzählperspektive. So bleibt selbst der falsche Großvater, der den Raub des Kindes eingefädelt hat und ein hohes Tier in der Diktatur war immer menschlich.

Osario beschränkt sich nicht auf eine Schwarz-weiß-Malerei, sondern hinterfragt, wie solch ein Verbrechen, der kein Einzelfall war, überhaupt möglich wurde. Packend ist das geschrieben, denn rückblickend und spannend wird erzählt. Denn nicht nur Luz ist auf der Suche - nein, auch nach ihr wird gesucht - von Miriam, die einst ihrer Mutter versprach, sie zu retten.

Dies ist ein wichtiges Buch und ich wünsche, dass es noch viele Leser findet.