Mittwoch, 31. Juli 2013

Pia Ziefle: Suna

302 S., Ullstein, 18 €, ISBN 978-3-550-08892-6

Hach, mein Schwesterherz weiß, was gute Literatur ist. Sie hat mir "Suna" geschenkt und auch wenn das Buch eine Weile warten musste, um gelesen zu werden, so hat es sich doch gelohnt und es ist schade, dass die Lektüre schon wieder vorbei ist.

Suna, Marina und Luisa sind ein und dieselbe Person. Ihre drei Namen verdankt sie ihrer recht komplizierten Herkunft. Tochter eines Türken, einer Serbin (oder doch Kroatin?), doch zur Adoption freigegeben versucht sich nach langen Jahren der Verdrängung ihrer Vergangenheit zu stellen.

Anlass ist die Geburt ihres zweiten Kindes, der Tochter, die nicht schlafen will, die Tag und Nacht rumgetragen werden muss. Bis der Mutter eines Tages ein alter Arzt empfiehlt, ihre Wurzeln zu suchen. Das Kind könne nicht ankommen in dieser Welt, wenn es nicht weiß, woher es stammt.

Und so fängt Luise an, ihrer Tochter während der nächtlichen Rumtragerei die Geschichte ihrer Familie zu erzählen. Dies alles ist so herzlich, voller Selbstzweifel und Angst beschrieben, dass man die innere Zerrissenheit der Heldin mitfühlen kann.

Erst spät erfährt Luise von der Adoption, vor allem, weil ihre Eltern immer so komische Andeutungen machen. Und weil sie inzwischen eine Schwester hat - die leibliche Tochter ihrer Adoptiveltern. Dann zerbricht das Elternhaus, sie fühlt sich entwurzelt und doch schafft sie es lange nicht, nach ihrer Mutter und ihrem Vater zu suchen.

Und auf der Spur zu ihren echten Eltern erfährt sie dann soviel Liebe. Plötzlich ist sie nochmal Schwester, Tante, Enkelin - alles auf einmal und selbst der völlig verschollene Vater taucht irgendwann wieder auf. Irgendwie kommt alles zusammen, die Fäden der Familie sind ineinander verwoben und verflochten und Luisas Kind kann sich in dieses Netz aus Emotionen legen, um selbst Wurzeln zu schlagen.

Eine wundervolle Geschichte mit wundervollen Charakteren und einer sanften Sprache, die einem ganz nach ans Herz geht.


Montag, 22. Juli 2013

Arundhati Roy: Der Gott der kleinen Dinge

379 S., btb, 10,00 €, ISBN 3-442-72468-6

"Der Gott der kleinen Dinge" ist eines der Bücher, die schon ewig auf meiner Leseliste stehen und irgendwie kam es nie dazu. Nun entdeckte ich im Urlaub in einer Buchtauschkiste dieses Buch und schwupps - war es meins und die Gelegenheit, es endlich zu lesen.

Ich muss allerdings gestehen, dass ich meine Mühe hatte, in das Buch reinzufinden und auch zwischendurch verlor ich gedanklich manchmal den Faden. Ich denke, es lag vor allem an den Namen der Charaktere, die ich bis zum Ende immer wieder einordnen musste. Eigentlich kommen gar nicht soviele Personen vor, aber die doch sehr ungewöhnlichen Namen und das anfangs schnell abgehandelte Beziehungsgeflecht machten mir zu schaffen. Ich musste immer wieder nachschlagen, wer jetzt eigentlich wer ist. Aber vielleicht ergeht dies einem Leser anders, der das Buch in einem Rutsch weg liest.

Wunderschön hingegen ist die Sprache, sind die Umschreibungen, die die Autorin verwendet und damit den Leser verzaubert. Alles scheint irgendwie zu schweben, obwohl wirklich viel Leid in der Geschichte ist.

Eine Familie in Indien scheitert an einer verbotenen Liebe, die Unglück über alle bringt. Ammu, Mutter der Zwillinge Rahel und Estha verhält sich so gar nicht, wie es das Kastensystem in Indien vorschreibt. Sie läßt sich scheiden und verliebt sich in einen Unberührbaren, den diese Liebe am Ende das Leben kostet. Und nicht nur er ist Opfer dieses verkrusteten Systems.

Im Mittelpunkt stehen aber die Geschwister, die in Folge dieser verbotenen Liebe auseinander gerissen werden: die Tochter bleibt bei der Mutter, der Sohn geht zum geschiedenen Vater und erst viele Jahre später treffen sich die Zwillinge wieder.

Diese Geschichte wird in zahlreichen Rückblenden und immer vor dem Hintergrund der indischen Geschichte, ihrer Abhängigkeit von Großbritannien und den aufkommenden Unruhen gewerkschaftlicher, kommunistisch geprägter Einflüsse erzählt.

Und obwohl Indien für uns soweit weg und das Leben dort fremd für uns ist, so erkennen wir uns wieder - als Kinder. Wie die beiden Geschwister miteinander spielen oder um die Liebe ihrer Mutter kämpfen, all dies ist vertraut und wir staunen, wie nah uns Indien plötzlich ist.

Arundhati Roy hat sich in diesem großartigen Roman an eine Vielzahl von Themen gewagt und sie wunderbar miteinander verflochten zu einem Familienroman, der noch lange in mir nachhallen wird.


Freitag, 12. Juli 2013

Veit Etzold: Final Cut

448 S., Bastei Lübbe, ISBN 978-3404166879, 8,99 €

Und noch ein blutiges Buch im Urlaub. Das gab es als Free-Download bei thalia.de kurz vor meinem Urlaub und kam mir deshalb gerade recht.

Gerade erst ist ein Serienmörder von Kommissarin Clara Vidalis - im wahrsten Sinne des Wortes - zur Strecke gebracht worden, schon bekommt sie ein Video eines Unbekannten, in der ein verübter Mord an einer Frau gezeigt wird.

Ziemlich schnell kann die Polizei das Opfer identifizieren, hat doch der Täter eindeutige Hinweise in dem Video hinterlassen. Beim Eintreffen am Tatort bietet sich den Ermittlern aber ein grausames Bild. Die Leiche liegt dort schon seit langer Zeit und wurde absichtlich mumifiziert. Der Täter wollte wohl, dass die Leiche nicht so schnell gefunden wird.

Dann überschlagen sich die Ereignisse schon. Weitere Opfer werden gefunden, darunter auch ein Mann, dessen sich der Täter nur bedient hat, um dessen Identität zu nutzen.

Warum schickt der Täter noch weitere Videos an Clara? Warum ist sie ausgewählt und was will er ihr damit sagen. Ein Katz-und-Maus-Spiel beginnt, in dem die Polizei leider wenig Chancen hat.

In diesem Roman, der in Berlin spielt, werden aktuelle Thema aufgegriffen, die einem Angst machen können. Gezielt spielt der Autor mit dem diffusen Unbehagen aller Nutzer von Social Networks: was passiert mit meinen Angaben, wozu werden sie missbraucht und wer kann sich alles Zugang zu meinen ganz persönlichen Daten verschaffen?

Auch die Abgründe der heutigen Fernsehlandschaft bekommen ihr Fett weg. Wie weit geht ein Mensch, um erfolgreich zu werden? Wo ist bei Casting-Shows die zumutbare Grenze oder verschwimmt diese immer mehr, da die Toleranzschwelle bereits überschritten ist und der Voyeurismus schleichend immer mehr Raum in den Medien einnimmt?

So weit, so spannend. Ja - Spannung bietet das Buch. Unzweifelhaft ist der Autor ein Fan von Thomas Harris, dem Autor von "Das Schweigen der Lämmer". Genau wie in diesem Roman spielen Käfer eine Rolle in "Final Cut", die Kommissarin ist ebenfalls persönlich involviert und auch sie befindet sich irgendwann allein mit dem Täter in dessen Haus.

Und ebenso brutal geht es in dem Thriller, der diesen Begriff durchaus verdient hat, zu. Blut fließt reichlich und man muss schon hart gesotten sein, um die Schilderung der bestialischen Vorgehensweise des Mörders auszuhalten. Für meinen Geschmack war das to much. Wer sich so etwas ausdenken kann, muss irgendwie selbst davon etwas im Blut haben ... habe ich an mancher Stelle mir gedacht.

Insgesamt ist mir die ganze Geschichte zu überzeichnet und nicht glaubwürdig. Sicher sind die Abgründe der Menschen tief, aber weder die Motive noch die unentdeckten Leichen oder die Kaltblütigkeit haben mich wirklich überzeugen können.

Wer einfach nur ein spannendes Buch lesen will und dem die Schilderung von Folter nichts ausmacht, der kann durchaus zu dem Roman greifen. Wer tiefgründige Kriminalliteratur mag, sollte eher die Finger davon lassen

Dienstag, 9. Juli 2013

Petra Hammesfahr: Der Frauenjäger

424 S., Wunderlich, 9,99 € ISBN 978-3-8052-5041-6

Petra Hammesfahr war mir ein Begriff, habe ich doch bereits "Der stille Herr Genardy" von ihr gelesen, was mir sehr gut gefallen hat. So griff ich zum Buch, als ich es in unserem Firmentauschregal liegen sah.

Marlene, gut betuchte Ehe- und Hausfrau, kann eigentlich nicht klagen in ihrem Leben: einen liebevollen Ehemann, gut geratene Kinder und keine wirklichen Sorgen. Aber sie ist dennoch unzufrieden, fühlt sie sich nicht ausgefüllt in ihrem Leben.

Ihre Freundinnen hingegen scheinen da ehr das schlechtere Los gezogen zu haben. Die eine hat einen Mann geheiratet, der sich beruflich nicht auf die Reihe kriegt, der anderen ist ihr Abenteurergatte vor ein paar Jahren auf und davon.

Doch Marlene möchte gern so selbständig sein wie ihre Freundinnen. Und irgendwie - so richtig verständlich wird das nicht - gerät sie in seltsame Ereignisse.

Bei einer Buchvorstellung wird die wahre Geschichte einer verschwundenen Frau erzählt, Marlene wird bald darauf Gast in einer Radiosendung über das Buch und schon scheint sie verfolgt zu werden, sie macht sich Gedanken über einen möglichen Entführer und Mörder und gerät dabei selbst in Gefahr.

Dies ist alles so an den Haaren herbeigezogen und nicht nachvollziehbar. Hinzu kommt die ach so banale, ausschweifende Sprache von Frau Hammesfahr, dass ich mich frage, wie solch ein Buch nur zu einem Bestseller werden kann und dazu noch gut besprochen wird.

Das Ganze liest sich wie ein erster Versuch meiner eigenen schriftstellerischen Betätigung: kein Esprit, keine Spannung, konfus und langatmig gleichzeitig. Wenn ich nicht wüßte, dass diese Autorin besseres drauf hat und auch eine wirklich gern gelesene Schriftstellerin ist, würde ich meinen, hier ist ein absoluter Laie am Zuge.

Hin und wieder kommt jedoch Spannung auf, wenn man glaubt, dass Marlenes Mann hinter dem Verschwinden mehrerer Frauen stecken könnte. Doch ich glaube im Nachhinein, dies war gar keine Absicht der Autorin.

Für mich eine echte Enttäuschung, deshalb habe ich das Buch gleich am Urlaubsort zurückgelassen und gegen meine aktuelle Lektüre eingetauscht.