Sonntag, 8. November 2009

Don DeLillo: Falling Man



265 S., 16,90 €, Büchergilde Gutenberg, ISBN 978-3-7632-5889-5


Ich sage es gleich vorweg: Ich bin zwiespältig in der Beurteilung dieses Buches. Anfangs gefiel es mir doch recht gut, obwohl ich schon Schwierigkeiten mit der sehr distanzierten Sprache hatte. Jedoch dachte ich mir, daß ist ein Stilmittel und muss man so akzeptieren.

Inzwischen denke ich jedoch, hier wurde von einem großen Schriftsteller doch eine Chance vertant. Die Figuren, die teilweise sehr persönlich den 11. September miterlebt haben und die gut dazu gedient hätten, uns diesen Schrecken näher, fühlbarer zu machen, blieben leider allesamt blaß und fremd.

Worum gehts: Keith erlebt hautnah, wie die beiden Flugzeuge am 11. September 2001 ins World Trade Center rasen und diese und mit ihnen rund 2800 Menschen in Schutt und Asche legen. Er arbeitete in einem der Türme und flieht während die Türme in sich zusammenstürzen wie in Trance durch die Strassen von New York zu seiner Ex-Frau Lianne. Dort steht er plötzlich mit Staub und Blut bedeckt vor der Tür.

Lianne nimmt ihn auf, pflegt ihn und ihr gemeinsamer Sohn zieht sich in eine eigene kleine Vorstellungswelt zurück, in der er sich mit seinen Freunden seltsame Dinge über das Geschehene und die daran Beteiligten zurechtreimt.

In dieser befremdlichen Situation versuchen sich die beiden Erwachsenen wieder als Paar zu erleben. Sehr vorsichtig gehen sie miteinander um und es findet auch so etwas wie eine Annäherung statt.

In Rückblicken und anderen Ebenen versucht der Roman auch Einblick in das Denken der Attentäter zu geben. Dies mißlingt jedoch gründlich, schon allein, weil dieser Strang komplett ins Leere verläuft und irgendwann aufhört.

Und wer ist der Falling Man? Das ist ein Aktionskünstler, der sich in Erinnerung an alle die Toten von hohen Brücken oder Häusern stürzt, nur mit einem Band gesichert. Offensichtlich provoziert er auf extreme Weise seine Mitbürger und löst unterschiedliche Reaktionen und oft auch einen großen Schock aus.

Trotz des ernsten Themas und die richtigen Ansätze bleiben alle Personen flach und fremd. Mitgefühl oder Verständnis kommt beim Leser nicht auf. Lediglich Lianne bekommt ein Profil, ihr konnte ich am ehesten folgen, die Beschreibung ihrer Person und ihrer Handlungen brachten ein wenig Farbe in dieses farblose Buch.

Sicher ist das ein sehr schwieriges Thema zur Aufarbeitung und jedem Autor, der sich damit beschäftigt, geziemt eine Anerkennung. Nur leider konnte mich dieses Buch nicht wirklich überzeugen. In meinem Bücherschrank steht noch ein weiteres Werk zum 11. September: Siri Hustvedt - Die Leiden eines Amerikaners. Ich bin jetzt schon sehr gespannt, ob ihr gelingt, was "Falling Man" nicht geschafft hat.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen