Samstag, 8. Dezember 2012

Isabel Allende: Von Liebe und Schatten

310 S., Aufbau-Verlag, 1987

Isabel Allende ist bekanntlich eine begnadete Autorin, die durch ihren Schreibstil den Leser schnell in den Bann zieht und ihn nicht mehr losläßt. In Chile groß geworden behandelt sie in ihren Romanen immer wieder die Diktatur, auch wenn ihre Werke nicht vordergründig politisch zu sein scheinen.

Immer in Familiengeschichten verpackt werden Schicksale erzählt wie sie nur in einem unterdrückten Land geschehen können. So auch in "Von Liebe und Schatten". Der Titel ist hierfür wegweisend.

Die Liebe zwischen der aus gut situiertem Hause stammenden Journalistin Irene und dem einfachen Fotografen Francisco, der bei illegalen Aktionen gegen die Diktatur beteiligt ist, steht im Mittelpunkt der Geschichte. Aber erst das Schicksal um Evangelina, die bei ihrer Geburt vertauscht wurde und in Jugendjahren unter seltsamen epilepsieartigen Anfällen leidet, bringt die beiden einander wirklich nahe. Sie begeben sich auf die Suche nach dem Mädchen, das nach einer Militärkontrolle aus dem eigenen Haus verschleppt wird und nicht mehr wiederkehrt.

Und tatsächlich bringen sie gemeinsam in Erfahrung, was mit Evangelina geschehen ist. Dabei entdecken sie jedoch ein noch viel größeres Verbrechen. Plötzlich sehen sie sich einer Verfolgung ausgesetzt, die sie unfreiwillig ins Exil nach Europa führt. Sie können noch rechtzeitig ihr gesammeltes Material an die Presse geben, aber ihr Schicksal im eigenen Land ist vorerst besiegelt, in der Hoffnung, irgendwann wieder zurückzukehren.

Allende ist es gelungen, den Schrecken der Diktatur ganz nah an den Leser zu tragen. Die Figuren sind tief gezeichnet, jede Familie, die hier eine Rolle spielt, hat ihre ganz eigene Geschichte - arm oder reich, gebildet oder schlicht, systemtreu oder opportunistisch, realitätsfern oder weitsichtig. Und dennoch sind sie alle am Ende vereint.

Ein hochpolitisches Buch wunderbar zu lesen!


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