274 S., Rowohlt, 1963
"Der Stellvertreter" ist ein Klassiker der Aufbereitung der SS-Diktatur und nimmt sich einem besonderen Aspekt an: dem Verhältnis des Papstes als oberster Vertreter der Kirche und Adolf Hitler.
Warum schritt Pius der XII. nicht ein? Warum hat er sich nicht gegen die massenhafte Judenverfolgung ausgesprochen, auch als ihm schon lange klar war, dass der Abtransport in die KZs gleichzusetzen war mit der Vernichtung der Menschen?
In einem Schauspiel breitet Hochhuth die Bemühungen des abtrünnigen Nazis Gerstein und des Paters Riccardo Fontanas aus, die immer wieder versuchen, den Papst dazu zu bringen, ein öffentliches Statement gegen Hitlers Politik abzugeben. Doch sie stoßen auf eine Mauer der Ignoranz.
Dem Papst genügen die Bemühungen der Kirche, schutzsuchenden Juden Unterschlupf zu gewähren. Bei den Ausmaßen, die die Judenverfolgung schon längst angenommen hatte, war diese Haltung eine Farce. Vor allem, weil Hitler um den Einfluss des Papstes wußte und ein eindeutiges Bekenntnis gegen die Vernichtungspolitik erheblichen Druck auf Hitler ausgeübt und sein Ansehen in der Bevölkerung entsprechenden Schaden genommen hätte.
Hochhuth gelingt es, eines der dunkelsten Kapitel der katholischen Kirche, erschreckend nah zu holen. Er nimmt kein Blatt vor den Mund und prangert die Kirche an ohne auch nur einen Hauch des guten Willens an ihr zu lassen. Nur Pater Fontana macht hier eine Ausnahme, symbolisch für das Gewissen des Einzelnen angesichts der ungeheuerlichsten Verbrechen der Weltgeschichte.
Immer wieder aktuell!
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