Freitag, 21. Juni 2013

Doris Knecht: Besser

284 S. Rowohlt, 19,95 €, ISBN 978-3-87134-740-5

"Besser" habe ich mir von der diesjährigen Leipziger Buchmesse mitgebracht. Ich war auf das Buch durch die Rezension der Klappentexterin aufmerksam geworden und das klang wie ein Buch genau für mich gemacht. Und ich wurde nicht enttäuscht!

In diesem Roman dreht sich alles um Antonia Pollak, sie kreist quasi um sich selbst. Oberflächlich betrachtet hat sie alles, was man begehren kann: einen liebevollen Ehemann, zwei reizende Kinder, eine tolle Wohnung und vor allem ein sorgenfreies Leben dank den guten Geschäften ihres Mannes Adam. Selbst kann sie sich voll und ganz ihrer Kunst widmen, die aber nur ab und an nach Verwirklichung ruft.

Die meiste Zeit aber ist die Ich-Erzählerin allein mit sich und ihren Gedanken und ihrer endlosen Leere. Dann verfolgen sie die Gespenster der Vergangenheit, die Drogen, die alkoholsüchtige Mutter und ihre große Schwester, die sie in ihren schlimmen Zeiten im Stich ließ.

An guten Tagen hingegen geht sie voll und ganz auf in ihrer Affaire, die sie emotional am Leben erhält. Bei "ihm" fühlt sie sich lebendig und fragt sich oft, was sie eigentlich da macht, in ihrem falschen, sicheren Leben. Denn eines steht fest: sie hat die Familienidylle gewählt, um sich zu retten, um ein normales Leben zu führen. Nur weiß Adam davon nichts. Er kennt ihre Vergangenheit nicht, nicht ihre Seelenqual, nicht ihre Angst. Er hat sie gerettet, unwissentlich und Antonia fühlt sich, als hätte sie ihn genau damit betrogen.

Was dieses Buch so besonders macht ist nicht vorrangig diese Geschichte einer verzweifelten Frau, die eigentlich glücklich sein müßte. Sondern ihr bissiger Blick auf ihre neue Welt, in die sie so gar nicht hinein zu gehören scheint. Diese Künstler, Adligen, Möchtegern-Political-Corrects, die Vegetarier und Weltverbesserer. Sie alle nehmen sich so wichtig, haben mit ihrem Snobismus die Weißheit mit Löffeln gefressen und bleiben doch meist an der Oberfläche.

Nur an einer Stelle blinkt auch bei all diesen Klischees Verletzlichkeit auf. Als diese Bekannten wieder einmal beieinander sitzen und das Gespräch auf ihre Herkunft kommt. Jeder hat sein Päckchen mit sich herum zu tragen, einige reden kaum noch mit den Eltern, jeder hat seine schlechten Erfahrungen in der Kindheit gemacht. Außer Adam, als Einziger glücklich groß geworden, steht wie ein Fels in der Brandung und ist deshalb dann doch genau der Richtige für Antonia und ihre Gespenster.

Das Ende ist versöhnlich. Es gibt Anlass zur Hoffnung, dass unsere Heldin ihren Frieden schließen kann, mit sich, ihrer Familie und ihrer Vergangenheit.

Ein sehr lesenswerter Frauenroman.

Dienstag, 11. Juni 2013

William Faulkner

245 S., Volk und Welt, 8,80 M, ISBN 3-353-00572-2

"Die Unbesiegten" habe ich aus meinem reichlichen Bücherschatz rausgewühlt, um mal wieder einen Klassiker zu lesen. Bisher habe ich Faulkner gemieden, soll er doch schwer zu lesen sein. Aber sogar im Klappentext dieses Werkes steht, es sei zum Einstieg in die Faulkner-Lektüre geeignet und mir fiel das Lesen jedenfalls gar nicht schwer.

Faulkner begibt sich in diesem Roman in die Wirren des amerikanischen Bürgerkrieges. Wir folgen zwei zwölfjährigen Jungs, der eine Weißer - Bayard -, dessen Mutter längst gestorben ist und dessen Vater im Krieg weilt und dem Schwarzen Ringo. Beide sind beste Freunde und trotz Südstaatenmentalität gehen sie durch dick und dünn. 

Bayard wächst nun bei seiner Großmutter auf. Auf dem Hof leben noch einige Bedienstete. Vom Kriegsgeschehen bleiben sie vorerst unbehelligt, doch eines Tages kommt der Vater heim und versteckt einen Koffer voller Gold. Er ist ein gejagter Mann für die Nordstaatler und muss schnell wieder verschwinden.

Es bleibt nicht aus, dass der Krieg auch Einzug hält bei Ringo, Bayard und der Großmutter und bald machen sie sich auf den Weg, um den Vater zu suchen und das Geld in Sicherheit zu schaffen. Dies führt zu allerlei Abenteuern und dem Auseinanderbrechen der Familie und ihrer Angestellten. 

Es liest sich sehr amüsant, wie sich die Großmutter mit Hilfe von Ringo durch die Jahre schlägt und dabei sogar einen kleinen Reichtum anhäuft.

Aber die Geschichte führt uns noch weiter. Obwohl bekanntermaßen die Südstaaten diesen Krieg verlieren, sind am Ende die Beteiligten dieser Familie unbesiegt. Jeder kämpft auf seine Weise - auch um Ehre und die Wahrung seines Gesichts. 

Faulkner zeichnet kein Schwarz-weiß-Bild der damaligen Gesellschaft, sondern betrachtet vielmehr die Figuren als Schöpfung der eigenen Vergangenheit. Das macht sie zu liebenswerten Menschen, auch wenn wir heutzutage mit dem Thema Sklaverei und Unterdrückung nichts am Hut haben. Mir hat das Buch gefallen, ist es doch ein menschlicher Einblick in die wirren Zeiten dieses Krieges.



Sonntag, 2. Juni 2013

Martin Walker: Delikatessen

403 S., Büchergilde Gutenberg, 19,95 €, ISBN 978-3-7632-6582-4

Dies ist meiner erster Bruno-Fall und ich habe mich ein wenig verliebt. Der Chef de police der kleinen Gemeinde St. Denis ist ein sehr sympathischer Kerl. Obwohl Gesetzeshüter, nimmt er es dennoch nicht immer so hunderprozentig mit dem Gesetz. Viel lieber ist ihm die Harmonie im Dorfe, denn er weiß, dass die Bewohner auch nach einem Fall noch miteinander leben werden. Und böses Blut schadet da sehr. Und ist es nicht besser, wenn der Täter einen Schaden ersetzt und damit einer Anzeige entgeht, als dass einer im Gefängnis sitzt und der andere pleite ist?

So jedenfalls sieht das Bruno und macht sich damit nicht nur Freunde. Der ehrgeizigen neuen Amtsrichterin Annette ist das jedenfalls ein Dorn im Auge und als überzeugte Öko-Frau will sie sich auch nicht mit der Herstellung von "foie gras", der über die Landesgrenzen hinweg berühmten Stopfleber aus der Region Périgord, anfreunden. Womit sie allerdings ziemlich ins Fettnäpfchen tritt und promt den Bürgermeister und andere Einwohner von St. Denis vor den Kopf stößt.

Aber nun zum eigentlichen Fall: Bei archäologischen Ausgrabungen wird ein Leiche jüngeren Datums gefunden. Der Mann baskischen Ursprungs wurde vor vermutlich 20 Jahren erschossen. Während der Fall Anfangs ein Rätsel bleibt, muss sich Bruno um zwei weitere "Baustellen" kümmern. Zum einen wurden erst Enten aus einer Geflügelfarm befreit, dann wird ein Bombenanschlag auf eine Fabrik verübt, die sich ebenfalls mit der Herstellung der Stopfleber befasst. Ist der erste Fall bald ziemlich klar, so besteht bei dem zweiten Zweifel. Ist dieser auch auf Freunde der Tierschutzorganisation PETA zurück zu führen oder steckt das was anderes dahinter? Und wo kommt das Dynamit her, das verwendet wurde?

Außerdem steht ein Besuch von zwei Ministern in der Region an, die sich mit dem Thema Terrorismus und ETA beschäftigen. Bruno wird in die Sicherheitsvorkehrungen einbezogen, wird dabei aber nicht über alle Details informiert.

Wie diese drei Stränge dann doch zusammen finden, ist langsam, aber dennoch spannend erzählt. Über Brunos Privatleben erfährt man so einiges - nicht ganz so nebenbei - und macht Lust auf Vor- und Nachfolgebände des etwas kauzigen Kommissars. Auch die zahlreichen anderen Figuren sind toll gezeichnet, jede hat so seine eigene Persönlichkeit und fast findet man es schade, wenn am Ende Annette sich doch versetzen lässt, obwohl doch eine Versöhnung zwischen ihr und Bruno stattgefunden hat.

Mir hat dieser Krimi wirklich ausnehmend gut gefallen. Auch die regionalen Besonderheiten und die immer wieder eingestreuten Ausflüge in die Gourmetwelt, hat mich als leidenschaftliche Köchin doch sehr angesprochen. Da würde ich gern das ein oder andere Gericht nachkochen wollen. Ich freu mich auf mehr vom Chef de police,