Sonntag, 24. Februar 2013

Sophie Hannah: Das fremde Haus


494 S., Bastei Lübbe, 9,99 €, ISBN 978-3-404-16769-2

Connie Bowskill scheint ein wenig verrückt. Mitten in der Nacht entdeckt sie angeblich auf einem Immobilienportal eine Leiche in einem der angebotenen Häuser. Und zwar in dem Haus, welches ihr Mann Kit vor einem halben Jahr als Heimatadresse in sein Navigationsgerät eingegeben hatte.

Hat Kit diesen Mord begangen und wer ist die Frau? Als Connie Kit ihre Entdeckung im Internet zeigen will, ist diese jedoch verschwunden. Keine Leiche, kein Blut auf dem Teppich, alles sieht normal aus. Hat Connie Halluzinationen, bildet sie sich das alles nur ein?

Sie beschließt dennoch zur Polizei zu gehen. Sie hat keine Beweise und erst einmal glaubt ihr auch keiner. Ihr Mann Kit versucht sie, wie eine vom Verfolgungswahn Getriebenene erscheinen zu lassen, was Connies Verdacht ihm gegenüber nur noch verstärkt.

Auch dem Leser kommen immer wieder Zweifel, wem der Protagonisten er wohl trauen soll. Kit oder Connie? Ihre Ehe scheint eh ziemlich seltsam und nicht auf Vertrauen basierend. Und es gibt weitere Merkwürdigkeiten im Buch: die Familienkonstellation von Connie scheint mehr als fragwürdig. Sie möchte so gern sich dem starken Einfluss ihrer Eltern entziehen und in eine andere Stadt ziehen. Doch als sie die Gelegenheit dazu bekommt, reagiert ihr Körper geradezu  hysterisch: sie erbricht sich dauernd, ihr fallen die Haare aus und es scheint ihr unmöglich, die Entfernung zu ihrer Familie zu vergrößern.

Auch die Ehe von Simon, einem der Kriminalkommissare und seiner frisch angetrauten Charlie ist seltsam. Sie ist von Eifersucht und Misstrauen durchdrungen, er meidet den Körperkontakt zu ihr.  Dies spielt jedoch für den Fortgang der Story gar keine Rolle und ist nur dann zu verstehen, wenn die Autorin vielleicht eine Reihe um diesen Kommissar geplant hat.

Denn generell empfinde ich diese Charakterisierungen und Ausflüge in das Privatleben der Polizisten recht interessant. Wer weiß, dass es im zwischenmenschlichen Bereich zahlreiche Absurditäten gibt, ist durchaus dankbar dafür, wenn in einem solchen Buch nicht alles nach Schema F beschrieben wird.

Die Krimihandlung fand ich sehr spannend und mich hat das Buch gefesselt. Als Psychothriller würde ich es allerdings nicht bezeichnen. Und die Auflösung am Ende ist tatsächlich weit hergeholt. Das Motiv erscheint mir keineswegs plausibel. Die Erläuterung nimmt viele Seiten ein. Nicht aus der Handlung an sich erschließt sich dem Leser die Tat, sondern die Ermittler und Connie sorgen mit ihrem Denken und Erzählen für die Aufklärung. Das gibt dem Schluss des Buches leider einen Dämpfer. Für eine spannende Lektüre aber reicht es allemal.

Montag, 18. Februar 2013

Matthew Skelton: Endymion Spring

430 S., Hanser, 17,90 €, ISBN 978-3-446-20796-7

Cornelia Funke hat es vorgemacht: ein Buch über die Macht der Bücher, als Fantasy-Roman, für die jungen Leser und auch noch mitsamt Fortsetzungsbänden. Bei Funke ist die Idee voll aufgegangen und "Tintenherz", "Tintenblut" und "Tintentod" sind allesamt große Erfolge geworden.

Wer sich ein wenig mit Jugendbüchern auskennt, dürfte auch die Reihe um "Endymion Spring" nicht fremd sein. Und was bei Cornelia Funke funktioniert, klappt auch bei diesen Bänden. Spannung, Fantasie, zwei Zeitebenen, zwischen denen eine Verbindung besteht und noch ein paar historische Theorien. Daraus ist "Endymion Spring" gestrickt. Und zwar äußerst geschickt.

Endymion ist ein Junge, der unter seinem Meister Johannes Gutenberg in die Lehre geht und dabei dem Kaufmann Johannes Fust und Peter Schöffer begegnet. Diese tragen ein Geheimnis in einer Truhe mit sich herum, die sich später als magisches Buch mit einer Drachenhaut entpuppt.

In Oxford entdeckt Jahrhunderte später der Junge Blake ein seltsames Buch mit dem Namen "Endymion Spring", welches ihn zu stechen scheint. Erst zweifelt er an seiner Wahrnehmung, aber immer merkwürdiger werden die Ereignisse um dieses Buch. Es verschwindet und alle möglichen Leute interessieren sich plötzlich für das Werk und Blake und seine Schwester geraten in Gefahr.

Das Buch hat Blake ausgewählt, es wollte entdeckt werden und ihn zum "letzten Buch" führen. Es gibt ihm Rätsel auf, die erst am Ende alle zusammengefügt ein Bild ergeben. Dennoch ist mir ein wenig die Bedeutung dieses "letzten Buches" verborgen geblieben. Zuviele Verflechtungen komplizieren die Geschichte ein wenig.

Spannend ist jedoch die Reise dahin und in die Vergangenheit und geschickt verflicht der Autor historische Daten, literarische Theorien und Fantasy zu einem durchaus gelungenen Lesewerk. So wird angenommen, dass Johann Fust Vorbild für das Faust-Motiv ist. Fust als wissensgieriger Mensch, der einen Bund mit dem Teufel eingeht.

Interessant und lesenswert, jedoch müssen für mich nicht zwingend die nächsten Bände folgen.

Dienstag, 5. Februar 2013

Karin Fossum: Dunkler Schlaf

262 S., Piper, 8,95 €, ISBN 3-492-23979-X

Skandinavien ist bekannt für seine guten Krimis und inzwischen ist die Zahl der Autoren gestiegen, so dass ich kaum noch einen Überblick habe. Von Karin Fossum hatte ich zwar schon einmal gehört, doch Titel wären mir keine eingefallen. Ab jetzt werde ich mir diesen Namen aber merken, denn "Dunkler Schlaf" der Norwegerin ist wirklich einer der herausragenden Romane in der Krimilandschaft.

Die Grenzen zwischen Gut und Böse verschwimmen. Man lernt die Täter und die Opfer (die Rollen ändern sich im Laufe des Romans) kennen, es gibt keine Entschuldigung, es gibt auch kein Verstehen. Vielmehr wirft Fossum einen Blick in die dunkle Seele, die wohl in uns allen lauert.

Andreas und Zipp sind ein seltsames Paar, sie hocken immer zusammen, sind seit Ewigkeiten Kumpels und doch kennen sie sich kaum. Sie gammeln herum, haben keine wirklichen Interessen und an einem dieser unverplanten Tage langweilen sie sich so sehr, dass ein Unglück das nächste jagt.

Erst klauen sie einer jungen Mutter die Handtasche, die daraufhin den Kinderwagen losläßt, der wiederum eine Böschung runterfährt und das Kind aus dem Wagen fällt und mit dem Kopf auf einen Stein schlägt. Nachdem sie Hals über Kopf getürmt sind, fahren sie auf einen Friedhof, auf dem sich zwischen ihnen ein sexuelles Outing abspielt, in Folge dessen Zipp völlig  durcheinander ist und Andreas im Boden versinken will.

Also ziehen sie weiter. Ihre Unruhe müssen sie bekämpfen und da kommt ihnen Irma Funder gelegen. Eine alte Frau, alleinstehend, überfallen sie in ihrem Haus, wollen eigentlich nur Geld klauen. Am Ende jedoch ist Andreas tot, gestorben im Keller von Irma Funder.

Erzählt wird die Geschichte aus verschiedenen Blickwinkeln: Zipp, Frau Funder und die Polizei machen sich Gedanken über das Verschwinden von Andreas. Was ist geschehen, wo ist er an dem Abend geblieben und warum sagen nicht alle die Wahrheit? Die Polizeit nimmt Hinweise nicht ernst, die Vermisstenmeldung wird stiefmütterlich behandelt, da Andreas bereits 18 ist. Und als endlich der Groschen fällt, ist nichts mehr zu retten. Zurück bleiben nur noch Opfer, keine zu verurteilende Täter.

Das ist nicht so sehr spannend, da der Leser weiß, was passiert. Dafür ist die Geschichte psychologisch meisterhaft erzählt. Von mir eine absolute Leseempfehlung!