Sonntag, 30. Januar 2011

Marlen Haushofer: Die Wand



352 S., Büchergilde Gutenberg, 21,90 €, ISBN 978-3-7632-630-4

"Wenn mich jemand nach den zehn wichtigsten Büchern in meinem Leben fragen würde, dann gehörte dieses auf jeden Fall dazu." sagte Elke Heidenreich in ihrer Sendung "Lesen!" über Marlen Haushofers Buch "Die Wand". Auch ich bin sehr beeindruckt von diesem Buch, in dem jeder Leser sicher seine eigene Interpretation findet.

Für mich ist dieses Buch eine Rückbesinnung auf die einfachen, grundlegenden Dinge im Leben: Natur und Überleben der Lebewesen in dieser Natur. Denn abgeschnitten von jeglicher Zivilisation und anderem menschlichen Leben muss sich die (unbenannte) Heldin des Romans mit diesen wichtigen Aufgaben beschäftigen und alle Gedanken an den Sinn des Lebens verlieren ihre Bedeutung.

Die Ich-Erzählerin reist mit ihrer Cousine und deren Mann in die Jagdhütte der beiden in die Berge. Kurz nach der Ankunft geht das Paar nochmal ins Tal in die Gastwirtschaft, die Frau bleibt mit dem Hund allein zurück. Als sie am nächsten Tag aufwacht, sind die beiden immer noch nicht zurück. Sie begibt sich auf den Weg ins Tal und begegnet ... der Wand.

Die Wand ist unsichtbar und dahinter scheint alles Leben zu Ende. Sie ist von einem Tag auf den anderen allein. Anfangs noch fassungslos auf Befreiuung hoffend, fügt sich die Frau bald in ihr Schicksal und beginnt, alle lebensnotwendigen Dinge zu besorgen. Sie fängt an, Holz zu hacken, Kartoffeln und Bohnen in die Erde zu setzen und ihren Vorrat zu erkunden.

Im Laufe der Handlung gesellen sich noch eine Katze und eine Kuh zu ihr. Die Kuh und deren Milch erweist sich als äußerst wertvoll.

Viel passiert nicht in diesem Roman, die Ich-Erzählerin schildert ihren Alltag, ihre Probleme, Ängste und Nöte. Alles ist auf das Überleben in dieser unwirtlichen Gegend ausgerichtet. Werte, die in einem früheren Leben Bestand hatten, sind jetzt völlig wertlos geworden und schon bald fragt sich die Frau, wie sie früher nur so leben konnte, so ohne Ziel und ohne echte Freude.

Bald wird dem Leser klar, dass das Ende keine Befreiung beinhaltet, es ist gar nicht wichtig für den Roman. Die Wandlung einer Frau, die zivilisatorischen Zwängen gefolgt ist, zur Bäuerin, die bis zuletzt die ihr anvertrauten Lebewesen zu schützen sucht, ist für mich die Botschaft dieses großen Romans.

Marlen Haushofer gelingt dies mit einfachen Mitteln und einer bilderreichen Sprache. Das sie dieses Buch bereits in den 60er Jahren geschrieben hat, fällt dabei überhaupt nicht ins Gewicht. Es könnte auch ebenso im Hier und Jetzt spielen. Auf jeden Fall sehr empfehlenswert!

Dienstag, 25. Januar 2011

Arno Strobel: Das Wesen



367 S., Fischer, 8,95 €, ISBN 978-3-596-18632-7

Ich bin ja schon länger Mitglied bei Lovelybooks und dort mehr oder weniger aktiv. Auch habe ich Spaß am bookcrossing, was ich hier auch schon mehrfach geschrieben habe. So traf es sich besonders gut, dass Mr. Rail von LB in einem Selbstversuch das bookcrossing für sich entdeckte und "Das Wesen" für den ersten Release auserwählte.

Gleich als zweite Leserin durfte ich das Buch in den Händen halten und habe es einfach mal dazwischen geschoben. Meine Leser bitte ich noch um etwas Geduld, die bereits auf die Rezension von "Die Wand" warten, mit dem Buch werde ich diese Woche noch fertig.

Aber nun zum "Wesen": ein vor 15 Jahren wegen Mordes an einem kleinen Mädchen verurteilter Psychiater gerät erneut unter Verdacht, als eine anonyme Anzeige ihn der Kindesentführung bezichtigt. Die Kommissare Seifert - der Ich-Erzähler - und Menkhoff ermitteln in diesem Fall - genau wie vor 15 Jahren.

Alsbald bekommen die Ermittler heraus, dass das verschwundene Kind die Tochter des Psychiaters Lichners sein soll. Als sie Lichner mit dieser Tatsache konfrontieren, bestreitet dieser, überhaupt ein Kind zu haben. Existiert dieses Kind wirklich und wer ist dann die Mutter? Oder spielt jemand ein Spiel mit den Kommissaren und dem Psychiater?

Erzählt wird die Geschichte zu fast zwei Dritteln in Rückblenden. Der alte Fall und seine Ungereimtheiten werden dem Leser präsentiert und immer mehr folgen wir dem Verdacht des Kommissar Seifert, sein Kollege Menkhoff hätte damals Beweise gefälscht und Dr. Lichner wäre zu Unrecht verurteilt worden, wie er selbst behauptet.

Eine entscheidende Rolle in diesem Fall spielt Nicole Klement, die ehemalige Lebensgefährtin des Psychiaters, in die sich auch Menkhoff verliebt hatte. Welche, sei hier nicht verraten. Sie ist Schlüsselfigur im Katz-und-Maus-Spiel zwischen Lichner und Menkhoff.

Arnos Strobel gelingt es von Anfang an, Spannung zu erzeugen. Der Leser will unbedingt wissen, wie es weitergeht. Auch die Zweifel des Erzählers Seifert tragen den Plot voran. Die Sprache allerdings ist gerade mal Mittelmaß. Aber wer erwartet schon von einem Krimiautor literarische Rafinesse. Was zählt ist die Lust am Weiterlesen und die hat Strobel bei mir allemal erzeugt.



Sonntag, 9. Januar 2011

Martin Suter: Der Koch



311 S., Büchergilde Gutenberg, 18,90 €, ISBN 978-3-7632-6320-2

Endlich wieder ein Büchlein, was mir richtig Freude gemacht hat und da ich krank war, auch in einem Rutsch weggelesen habe. Auch die Ausgabe der Büchergilde Gutenberg finde ich sehr gelungen gestaltet, Leineneinbände werden immer seltener und das Cover finde ich weitaus besser als das der Originalausgabe.

Der Koch in diesem Buch heißt Maravan und ist Tamile mit Aufenthaltsberechtigung in der Schweiz (aus der der Autor stammt). Sein Ausreiseantrag läuft. Für die Arbeitssuche bedeutet dies aber ein Abhängigkeitsverhältnis, Maravan darf lediglich Hilfsarbeiten verrichten, aber nicht selbständig werden, was sein größter Traum ist.

Als Tellerwäscher und Mann für alles arbeitet er beim Huwyler, einem High-Class-Restaurant. Die Finanzkrise hat dem Lokal noch nicht allzusehr zugesetzt, obwohl Stammgäste bei der Getränkewahl doch etwas zurückhaltender sind als früher. Die Arbeit befriedigt ihn nicht, aber er lernt bei den Köchen durch Beobachten. Und er lernt hier Andrea kennen, eine Kellnerin, die es nie lange an einer Arbeitsstelle aushält.

Durch eine kleine Begebenheit kommt es dazu, dass Maravan eines Tages Andrea bei sich zuhause mit einem außergewöhnlichen Mahl - einem ayurvedischen, aphrodisiakischen Menue - bekocht. Andrea ist völlig durcheinander von der nun folgenden Nacht, passt Maravan doch so gar nicht in ihr sonstiges Liebesleben.

Da beide im Nachgang dieses Diners ihren Job verlieren, sind beide arbeitslos und bei Andrea bald eine Geschäftsidee geboren: Love Foods - ein Catering für besondere Gelegenheiten. Anfangs wird eine Paartherapeutin als Auftragsvermittlerin eingebunden, doch bald gibt es die ersten Anfragen auch unseriöser Art an das boomende Unternehmen.

Derweilen beschäftigt Maravan die Lage in seiner Heimat sehr. Seine Großtante Nangay, der er seine Kochkünste verdankt, ist schwer krank und der Sohn seiner Schwester wird von der LTTE, der paramilitärischen Befreiungsorganisation rekrutiert, obwohl er erst 14 Jahre alt ist. Die LTTE ist auch im Ausland aktiv, indem sie die tamilischen Asylanten zur finanziellen Unterstützung der Organisation nötigt. So auch Maravan, der sich außerdem durch die Zahlungen verspricht, dass sein Neffe den bewaffneten Kampf nicht mitmachen muss.

Die neue Einnahmequelle ermöglicht Maravan, mehr Geld beiseite zu schaffen. Denn die Geschäftsmänner, die sich mit ihren Edel-Nutten das erotische Dinner von Love Foods schmecken lassen, bezahlen das doppelte der "therapeutischen" Auftraggeber.

Doch wen beköstigt Maravan da alles? Und welche schmutzigen Geschäfte werden hier eingefädelt? Als Maravan und seine Kollegin dahinter kommen, schmiedet Maravan einen perfiden Plan, der am Ende für ein klein wenig Gerichtigkeit sorgt.

Martin Suter gelingt es in dem Buch, die Finanzkrise, einen Dritte-Welt-Krieg, die Situation von Asylanten, eine Liebesgeschichte und die wundervolle Welt des Kochens zu einem einzigartigen Roman zu verweben. Auch wenn große Teile der Beschreibung der Zubereitung der Speisen gewidmet ist, wird der Roman nie zähflüssig oder langweilig - ganz im Gegenteil. Am Ende sind sogar sämtliche Rezepte beschrieben, für alle, die Lust aufs Experimentieren bekommen haben.

Dieser Roman ist eine echte kleine Perle und eine dicke Empfehlung von meiner Seite.


Mittwoch, 5. Januar 2011

Ralf Schmitz: Schmitz' Katze



259 S., Fischer, 8,95 €, ISBN 978-3596179787

Schmitz' Katze ist mir vor den Feiertagen zugelaufen und hat mich sehr zum Lachen gebracht. Mit all ihren Verrücktheiten hat sie mich sehr an meine eigene Katzen erinnert. Inzwischen sind wir auch der Meinung, daß unsere Katzen Alzheimer haben (kleiner Insider-Witz für alle, die das Buch gelesen haben).

In dem Buch wird aus dem Leben des Katzenbesitzers Ralf Schmitz, der ja bekanntermaßen Komiker ist, erzählt: wie kam er zu der Katze, was braucht man als Katzenbesitzer und worauf muss man sich einstellen, wenn man sich eine Katze ins Haus holt.

Alles in allem ist das Werk amüsant geschrieben und wird schnell weggelesen. Teilweise habe ich schallend gelacht. Im mittleren Teil flacht das Buch sehr ab, wird zu Slapstick-mäßig und wenig glaubhaft. Da habe ich auch große Teile einfach übersprungen.

Fazit: Kein Buch, was man gelesen haben muss, aber für zwischendurch eine heitere Aufmunterung,die ich gerade auch brauchte.