Mittwoch, 25. Februar 2009

Iwan Turgenjew: Erste Liebe


125 S., Vier Falken Verl., Berchtesgaden

Zwischendurch widme ich mich immer mal wieder einem Klassiker der Weltliteratur. Viele warten davon noch in meinem Bücherschrank, um gelesen zu werden. Da ich gerade nicht die Muße für einen dicken Wälzer hatte, habe ich mich für ein kleines Büchlein entschieden, für eine Novelle von Turgenjew.

Die Geschichte ist schnell erzählt: drei Männer im besten Alter unterhalten sich während einer Zusammenkunft über das Thema Liebe und jeder soll erzählen, wie gerade die erste Liebe war, da diese bekanntlich etwas besonderes sein soll und allgemein angenommen wird, sie ist so bedeutend, dass man sich immer gern daran zurück erinnert.

Jedoch kann lediglich einer der drei Herren von dieser "besonderen" ersten Liebe erzählen oder besser gesagt: er schreibt es auf, da es nicht zum Besten um seine Erzählkunst bestellt ist. Diesem schriftlichen Dokument der ersten Liebe des Wladimir Petrowitsch folgt die Novelle die restlichen 120 Seiten.

Im Alter von 16 Jahren verbringt Wladimir gemeinsam mit seinen Eltern den Sommer in einem Landhaus. Im Nebengebäude zieht bald eine ärmliche Familie mit fürstlichem Titel ein, deren Tochter Sinaida - die einige Jahre älter ist als Wladimir - bald das Herz des jugendlichen Helden erobert. Sie selbst umgibt sich jedoch mit zahlreichen Verehrern und treibt mit jedem ihr ganz besonderes Spiel.

Irgendwann jedoch verliebt sie sich selbst und lange grübelt Wladimir, wer der Glückliche sei, bis er eines Tages eine schockierende Entdeckung macht...

Die Novelle ist ein zauberhaftes kleines Werk der Weltliteratur, welches schnell gelesen ist und an deren wunderbarer, nur den russischen Autoren vorbehaltenen, Wortwahl man sich für ein paar Stunden ergötzen kann.

Sonntag, 15. Februar 2009

Francis Durbridge: Paul Temple und der Fall Gilbert (Hörbuch)


5 CD, ISBN 3-89584-926-X, Laufzeit ca. 285 Minuten, Sprecher: René Deltgen, Annemarie Cordes, Kurt Lieck u.a.

Da ich ja nun täglich mit dem Auto zur Arbeit fahre, höre ich inzwischen öfter und gerne Hörbücher und Hörspiele auf meinem langen Arbeitsweg. Bei meiner Expedition in den Bücherwald hab ich mir das Hörspiel von Francis Durbridge mitgenommen. Es handelt sich um einen Krimi aus den 50ern, die damals als Hörspiel wohl der absolute Strassenfeger waren.

Paul Temple ist eigentlich kein Kommissar, sondern eher ein Detektiv, der sich Fällen annimmt, die ihn interssieren und um deren Auflösung er gebeten wird. An seiner Seite ist seine äußerst charmante, verständnisvolle und scharfsinnige Gattin Steve, die ihren Alltag zwar eher damit verbringt schicke Klamotten zu kaufen und den gemeinsamen Urlaub vorzubereiten, die jedoch durchaus Interesse für die Fälle ihres Mannes entwickelt und ihm mit ihren Kommentaren hilfreich zur Seite steht.

Im "Fall Gilbert" geht es um die die Aufklärung eines eigentlich bereits abgeschlossenen Falles. Howard Gilbert ist schuldig gesprochen worden, seine Freundin ermordet zu haben und wartet nun auf seine Hinrichtung. Der Vater des Mädchens glaubt jedoch nicht an die Schuld seines Quasi-Schwiegersohnes und bittet Temple, in der Angelegenheiten zu forschen. Diesem bleibt nur eine Woche, um neue Fakten zu präsentieren, die Gilbert vor dem Tod retten können.

Schnell wird klar, daß der Mord keine Beziehungstat ist, wie ursprünglich angenommen. Nach und nach werden neue Tatsachen enthüllt, die viel verwickelter sind und mit einem anderen Verbrechen in Zusammenhang steht. Ich verrate nicht zuviel, wenn ich sage, daß wieder einmal Geldgier das Motiv ist und die Ermordete keine ganz so unschuldige kleine Person ist.

Spannung vom Feinsten ist bis zum Schluss gegeben und man muss sogar auf den letzten beiden CDs aufpassen, alles mitzubekommen, um alle Zusammenhänge zu verstehen. Der distingierte Ermittler und dieser ganze gepflegte Umgang, die Atmosphäre der 50er-Jahre-Kriminalfälle, die ein wenig vergleichbar mit den Edgar-Wallace-Filmen ist, läßt ein ganz ungewöhnliches, aber deshalb nicht minder packendes Hörerlebnis entstehen.

Wenn ich mal wieder einen Krimi aus dieser Reihe in die Hände bekomme, werde ich sofort mein Auto-CD-Player damit bestücken.

Freitag, 13. Februar 2009

Julia Franck: Die Mittagsfrau


429 S., 16,95€,Büchergilde Gutenberg, ISBN 978-3-7632-5902-3

"Die Mittagsfrau" von Julia Franck ist 2007 mit dem Deutschen Buchpreis ausgezeichnet worden. Ich kann die Begeisterungsstürme der Kritiker leider nicht ganz teilen. Die Geschichte ist durchaus lesenswert und die Art diese zu erzählen sicherlich gelungen, aber so ganz gefesselt hat mich das Buch nun doch nicht. Ich hätte mehr erwartet.

Aber nun zur Story: Helene läßt nach dem Überleben der schweren Kriegszeit ihren siebenjährigen Sohn Peter auf einem Bahnsteig allein zurück und kehrt auch nicht wieder. So fängt der Roman an und in einem einzigen Rückblick wird nun geschildert, wie Helenes Leben vor und während der Kriegsjahre verlief. Ihre nicht ganz einfache Kindheit - Vater im Krieg, Mutter psychisch gestört - verlebt sie an der Seite ihrer geliebten 10 Jahre älteren Schwester Martha in Bautzen. Die Geschwister müssen zusehen, wie sie die Familie durchbringen, nachdem die Zeiten immer schwerer werden und auch die Mutter nicht mehr in der Lage ist, die Familiendruckerei zu führen.

Beide Töchter zieht es zur Medizin, sie lernen den Beruf der Krankenschwester und nachdem der geliebte Vater gestorben ist, gehen beide nach Berlin zu ihrer Tante Fanny, um dort ihr Glück zu versuchen.

In den zwanziger und dreißiger Jahren führt diese dort in gewissen Kreisen ein ausschweifendes Leben. Martha stürzt sich Hals über Kopf hinein und wird dabei morphium-süchtig. Gleichzeitig lebt sie ihre lesbische Liebe zu einer ehemaligen Kollegin namens Leonthine aus Bautzener Tagen aus, die bereits vorher nach Berlin geheiratet hat und dort als Ärztin arbeitet. Diese beiden sind für Helene die einzigen wirklichen Vertrauten. Bald lernt sie den gebildeten, charmanten Carl kennen und lieben und sie planen sogar zu heiraten. Doch kurz vor der Verlobung stirbt Carl bei einem tragischen Unfall. Helene kann sich lange nicht aus ihrer Trauer befreien. Martha und Leonthine leben inzwischen in ihrer eigenen Welt und können Helene nicht wirklich helfen.

Irgendwann begegnet Helene ihrem zukünften Mann Wilhelm, der ihr neue Papiere beschafft, damit sie heiraten können. Denn Helenes Mutter ist Jüdin und sogenannte "Misch-Ehen" sind nicht mehr erwünscht. Von nun an lebt sie mit einem Mann, den sie nicht liebt und der sie verachtend behandelt. Ein Kind entsteht aus dieser Beziehung. Den kleinen Peter umsorgt Helene anfangs fürsorglich, allerdings läßt ihr Mann sie bald im Stich, um mit einer anderen Frau zu leben und Helene muss allein für ihren Lebensunterhalt sorgen und Peter von anderen betreuen lassen. Trotz allem versucht sie, ihm eine gute Mutter zu sein. Aber die ganze Situation überfordert sie zunehmend und sie kann einfach keine Liebe mehr geben. Die Worte kommen ihr abhanden und so entwickelt sich nach und nach der Wunsch, einfach alles hinter sich zu lassen.

Dieses Buch ist ein solides Werk über eine alleinerziehende, aufgeklärte Frau in schwierigen Kriegsjahren, die sich lange ihre Träume bewahrt und letztendlich daran zerbricht. So richtig fesselnd konnte es mich dennoch nicht, vor allem ist es ohne jegliche Hoffnung. Aber vielleicht ist dies auch zuviel verlangt für ein Werk, welches sich auf diese Art mit dem Dritten Reich beschäftigt.