Freitag, 19. April 2013

Juli Zeh: Nullzeit

256 S., Büchergilde Gutenberg, ISBN 978-3-7632-6599-2

Ich bin bekennender Juli-Zeh-Fan und habe mich sehr auf das Buch gefreut. Juli Zeh ist bekannt für ihre ungewöhnlichen Geschichten und man wird auch in diesem Buch nicht enttäuscht.

Diesmal handelt der Roman von einer Dreiecksbeziehung. Die Soap-Darstellerin Jola und ihr brotloser Schriftsteller-Freund Theo kommen gemeinsam auf eine Insel, um sich exklusiv das Tauchen beibringen zu lassen. Jola braucht das Tauchen für eine Filmrolle, die sie unbedingt haben will. Dafür legen sie für einen zweiwöchigen Kurs und eine Rund-um-die-Uhr-Betreuung viel Geld auf den Tisch.

Das kann Tauchlehrer Sven gut gebrauchen. Er hat sich mit seiner Freundin Antje ein Leben fern der Heimat geschaffen. Einmischung in fremde Angelegenheiten sind für Sven tabu. Dennoch wird er ganz unbewusst Teil eines mörderischen Plans.

Jola umgarnt ihn und das ganz offen vor den Augen Theos. Auch Antje bekommt davon Wind und trennt sich im Laufe der Geschichte von Sven. Sven scheint der Versuchung zu widerstehen, aber alle glauben bereits an eine Affäre und seine Schuld, noch bevor etwas Tiefgreifendes passiert ist. Irgendwann geht er auf Jolas Avancen ein. Dann werden die Unterstellungen wenigstens wahr.

Theo ist zwar rasend vor Eifersucht, lässt Sven und Jola aber gewähren. Er liebt diese Frau und will sie unter keinen Umständen verlieren. Er ist abhängig von ihr und sie auch irgendwie von ihm. Seinen Emotionen macht Theo aber anderweitig Luft. Er schlägt und vergewaltigt Jola. Zumindest offenbart dem Leser dies das Tagebuch von Jola.

Doch dieses Tagebuch verdreht in anderen Aspekten komplett die Fakten. Darin umgarnt nicht sie Sven, sondern er macht sie angeblich an. Wer sagt nun die Wahrheit: Jola in ihrem Tagebuch oder Sven, der Ich-Erzähler?

Dieser plant indessen zu seinem 40. Geburtstag einen Tauchgang zu einem versunkenen Schiff. Über Monate hat er Equipment dafür besorgt, ein Haufen Geld ausgegeben, Berechnungen zu Tauchlänge, -tiefe und Auftauchzeit angestellt. Es ist ein Traum von ihm, der einen Tag vor dem Ereignis zu zerplatzen droht, weil seine beiden Begleiter ihn völlig unerwartet versetzen.

Hier kommt wieder Jola ins Spiel. Sie bietet ihm an, das Boot zu fahren und zu überwachen, dass bei dem Tauchgang alles normal verläuft. Erst will Sven ablehnen, nimmt dann aber an - mit fatalen Folgen.

Juli Zeh gelingt ein psycholigisches Verwirrspiel. Als Leser merkt man schnell, dass mit Jola etwas nicht stimmt. Nur ihre Motive sind nicht wirklich klar. Zwischendurch zweifelt man auch an Svens Wahrnehmung und man weiß bis zum Ende nicht genau, welche Tagebuchaufzeichnungen nun der Realität entsprechen und welche nicht.

Die Geschichte treibt auf einen Höhepunkt zu. Dass Sven am Ende die Insel für immer verlässt, wird schon früh klar und man fragt sich, was wohl passieren muss, damit ein Leben in 14 Tagen komplett aus den Angeln gehoben wird.

Mir hat das Buch wirklich gut gefallen. Am Ende hätte ich mir ein wenig mehr Klarheit gewünscht, aber sicher macht dieser Nebel auch den Reiz des Buches aus. Interpretation ist gewollt. Und somit freue ich mich jetzt schon auf den nächsten Roman von Juli Zeh, für den sie sich hoffentlich nicht all zuviel Zeit lässt.

 

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