379 S., Büchergilde Gutenberg, 19,95 €
Drei unterschiedliche Brüder, drei Hochstapler. Ein Vater, der seinen eigenen egoistischen Weg geht. Ein Hypnotiseur, der ihm den Weg dahin weist. Eine Familie, die nicht aus ihrer Haut kann - vorleben, weiterreichen. Das sind die Themen von "F" - dem neuen Roman von Daniel Kehlmann.
Iwan ist Maler, offen schwul und Fälscher von Bildern, mit denen sein inzwischen verstorbener Geliebter berühmt geworden ist. Doch genau dieses Geheimnis - und ein Rest von Zivilcourage - lassen ihn Opfer eines Gewaltverbrechens werden und einsam in seinem Atelier umkommen.
Sein Zwillingsbruder Eric ist Finanzjongleur und hat das Geld seiner Anleger verzockt, bis ihn die Finanzkrise erlöst und seine Verluste als Teil dieser Krise erscheinen lassen. Somit ist er zwar pleite und muss bei seinem Halbbruder Martin einziehen. Aber wenigstens entgeht er einer Strafverfolgung, da keiner der Geschädigten ihn anzeigt. Er muss keine Verantwortung übernehmen. Dennoch leidet er unter Art Verfolgungswahn, ist psychisch krank und kommt ohne Tabletten nicht mehr aus. Sein Leben geht den Bach runter als auch noch seine Frau mit der gemeinsamen Tochter ihn verlässt.
Halbbruder Martin ist Pfarrer ohne Glauben, fett und weiß nichts mit seinem Leben anzufangen. Die Ereignisse aller drei Brüder greifen ineinander. Und über allem schwebt die Aura der Abwesenheit des gemeinsamen Vaters, der nach einer Vorstellung bei einem Hypnotiseur auch seine zweite Frau und die Zwillinge verlässt. Während der Vater seinen Frieden mit sich selbst macht, sind die Kinder verloren. Kein Halt finden sie in dieser Gesellschaft. Jeder will mehr sein, als er wirklich ist. Mit einer Mittelmäßigkeit will sich keiner der drei zufrieden geben. Das ist das Vermächtnis ihres Vaters.
In der Mitte des Buches wird dieser Lauf der Dinge - die Familie und der Einfluss auf die folgenden Generationen - noch einmal sehr plakativ und langatmig in einem schriftstellerischen Erguss des Vaters zitiert. Das ist für mich der schwächste Teil des Buches. Ich konnte wenig damit anfangen, denn auch so hätte sich das Thema dem Leser gut erschlossen.
Denn Kehlmann erzählt in einer schnörkellosen Sprache - flüssig und gut lesbar. Keiner der Charaktere ist wirklich sympathisch, aber alle kann man irgendwie in ihrem Tun verstehen. Das Buch ist unterhaltsam und sozialkritisch zugleich ohne den Zeigefinger zu erheben. Am Ende fügt sich alles und man empfindet sich selbst nur als unausweichlichen Extrakt einer Familie und der Gesellschaft. Das ist nicht neu, aber nüchtern und klug auserzählt.
Mit kleinen Abzügen für mich ein wirklich gutes Buch, welches mir Lust auf mehr von Kehlmann macht.
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